Wie können Daten über Märkte und Marktteilnehmer richtig erhoben und analysiert werden?

In einer sich ständig ändernden Marktlandschaft ist Marktforschung unerlässlich für adäquate Unternehmensentscheidungen. Entdecken Sie die Phasen einer Marktforschungsstudie, von der Festlegung des Untersuchungsziels bis zur Ergebnispräsentation.

ein Beitrag von Prof. Dr. Guido Grunwald und Prof. Dr. Jürgen Schwill

Marktorientiert agierende Unternehmen müssen sich den permanent ändernden Bedingungen und Anforderungen des Marktes stellen, um adäquate Entscheidungen treffen zu können. Dazu ist es erforderlich, dem Management auf empirischem Wege eine relevante Informationsgrundlage zu liefern, um wahrgenommene betriebliche Defizite in den Informationsbereichen des Marketings zu beheben. Hierzu sind Marktforschungsstudien erforderlich. Eine Marktforschungsstudie lässt sich als systematischer Prozess kennzeichnen, der aus einer idealtypischen Abfolge von Phasen bzw. Prozessschritten besteht, wie sie in folgender Abbildung illustriert werden.

Die einzelnen Schritte werden nun kurz erläutert.

1.    Festlegung des Untersuchungsziels:  Es geht um die Frage, welche Inhalte, wie z.B. Bedürfnisse, Einstellungen, Zufriedenheit der Kunden usw., seitens der Marktforschung erhoben werden sollen. Ohne ein klares Verständnis der zu erhebenden Sachverhalte kann die Messung nicht präzise erfolgen. Beispielhafte Zielsetzungen wären etwa: Welchen Einfluss haben Preis, Werbebudget und Anzahl der Außendienstmitarbeiter auf den Absatz? Welche Trends werden zukünftig das Verhalten der Marktakteure beeinflussen?

2.    Festlegung des Studientyps: Hiermit soll festgelegt werden, wie der erforderliche Datenbedarf gewonnen werden soll. Hier kann zunächst eine Sekundärforschung (Desk Research) durchgeführt werden, indem interne Quellen (z.B. Kundendaten, Absatz- oder Umsatzzahlen) und externe Quellen (etwa Fachzeitschriften, Datenbanken oder amtliche Statistiken) recherchiert werden. Geht es um die Erhebung neuen Datenmaterials, ist eine Primärforschung (Field Research) erforderlich.

3.    Festlegung der Durchführenden: Daten zum Untersuchungsgegenstand können grundsätzlich ohne oder mit Unterstützung von Marktforschungsinstituten als externen Dienstleistern erhoben und analysiert werden. Im Falle von Eigenmarktforschung (betriebliche Marktforschung, Do-it-yourself-Marktforschung) werden Daten und Informationen durch Unternehmen bzw. Organisationen selbst bezogen. Bei der Fremdmarktforschung (Institutsmarktforschung, Auftragsforschung) wird die Hilfe von Dienstleistern (Marktforschungsinstituten) in Anspruch genommen. Sie wird insbesondere dann genutzt, um in möglichst kurzer Zeit einen großen Informationsbedarf zu decken, und empfiehlt sich dann, wenn Unternehmen über die erforderlichen Ressourcen oder entsprechenden Kompetenzen zur Durchführung einer Marktforschung nicht verfügen.

4.    Festlegung des Erhebungsumfangs: Zum Erhebungsumfang ist festzulegen, von wem, d.h. von bzw. zu welchen Untersuchungselementen bzw. Fällen (z. B. Unternehmen, Kunden) Daten erhoben werden sollen. Alternativen bilden hier die Vollerhebung und die Teilerhebung, für die jeweils die definierte Grundgesamtheit die Erhebungsbasis bildet. Sofern eine Teilerhebung per Stichprobenziehung aus der Grundgesamtheit erfolgen soll, ist zu klären, wie groß die Stichprobe sein sollte und mit welchem Auswahlverfahren die Stichprobe aus der Grundgesamtheit gezogen werden soll, so dass Ergebnisse auf die Grundgesamtheit übertragen werden können.  

5.    Festlegung der Erhebungsmethode und -form: Im Zusammenhang mit der Festlegung der Datenerhebungsmethode geht es um die Fragestellung, auf welche Weise die Daten gewonnen werden sollen. Hierbei kann zwischen den Grundformen der Befragung und Beobachtung bzw. Sonderformen wie dem Experiment und dem Panel sowie jeweils deren Unterformen (etwa mündliche vs. schriftliche Befragung) unterschieden werden. Die Wahl der Erhebungsmethode wird wesentlich von der Erreichbarkeit der Untersuchungselemente (z. B. Kunden, Mitarbeiter) und der Art der zu erhebenden Variablen (z. B. Einstellungen, Verhaltensvariablen) bestimmt. So lassen sich psychologische Variablen wie die Einstellung oder das Image tendenziell unverfälschter durch eine Befragung als durch eine Beobachtung erheben. Umgekehrt können verhaltensbezogene Variablen wie das Kauf- und Verwendungsverhalten bezüglich bestimmter Produkte eher unverfälschter beobachtet als abgefragt werden.  

6.    Festlegung des Erhebungsinstruments: Bei der Bestimmung der Erhebungsinstrumente geht es um die Beantwortung der Frage, wie die jeweilig gewählte Datenerhebungsmethode konkret auszugestalten ist und Daten gemessen werden sollen. Wird also etwa eine schriftliche standardisierte Befragung als Erhebungsmethode gewählt, so ist der Fragebogen durch Formulierung verständlicher Fragen und Antwortkategorien bzw. -skalen, durch Festlegung der Reihenfolge der Fragen und des Layouts zu gestalten. Im Falle einer persönlichen Befragung dagegen ist in der Regel ein Interviewleitfaden zu erstellen, um ein einheitliches Vorgehen der Interviewer bei der Befragung zu gewährleisten. Bei einer Beobachtung wäre beispielsweise ein Beobachtungsbogen zu erstellen, in dem Anweisungen für die Beobachter enthalten sind, worauf bei einem zu beobachtenden Verhalten zu achten wäre.

7.    Festlegung des Erhebungsablaufs: Der Erhebungsablauf (Erhebungsprozess) umfasst den Plan, der festlegt, wie die Datenerhebung zeitlich und organisatorisch durchgeführt werden soll. Die Erhebungsdurchführung ist dann die Umsetzung des Erhebungsablaufs, bei dem die Daten tatsächlich gesammelt werden. Bevor die (primäre) Datenerhebung erfolgt, sollten zunächst alle relevanten rechtlichen Fragen (etwa Datenschutz, Einwilligung von Betroffenen) geklärt werden. Weiterhin ist die Untersuchung bei den betroffenen Erhebungseinheiten (z. B. Kunden, Unternehmen) anzukündigen und sind die Erhebungseinheiten per Anschreiben zu kontaktieren. Mit der Feldzeit ist die Dauer der Erhebung festzulegen.

8.    Datenanalyse: Nach Abschluss der Phase der Datenerhebung und vorliegendem Rücklauf erfolgt die Phase der Datenanalyse, die sich ebenfalls in mehrere Schritte untergliedert. Zunächst erfolgen vorbereitende Maßnahmen, die dazu dienen, den Datensatz auf Auffälligkeiten (wie fehlende Werte, Ausreißer) zu prüfen, hinsichtlich seiner Güte einzuschätzen und für die sich anschließende Hauptanalyse aufzubereiten. Bei der Hauptanalyse werden Analyseverfahren einzeln oder auch in Kombination angewandt, um Aussagen zum Untersuchungsziel abzuleiten.

9.    Beurteilung der Qualität: Die Güte (Qualität) einer Marktforschungsstudie hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Untersuchungsergebnisse aussagekräftig genug sind. Dies können sie nur sein, „wenn die Datenerhebung und Datenanalyse (mit Stichprobenziehung, Messungen, Datenaufbereitung etc.) tatsächlich den zu untersuchenden Phänomenen gerecht werden“. Zur Qualitätsbeurteilung stehen verschiedene Gütekriterien zur Verfügung, die in unterschiedlichen Phasen der Marktforschungsstudie zur Qualitätssicherung herangezogen werden können.

10.  Präsentation der Ergebnisse: Abschließend werden im Rahmen der Ergebnispräsentation die gewonnenen Erkenntnisse bzw. Untersuchungsergebnisse dem internen oder externen Auftraggeber vorgelegt und ggf. einem interessierten Adressatenkreis präsentiert. Die Ergebnisse sind dann auf die Zielgruppen abgestimmt zu kommunizieren.

Welche Bedarfe einzelne Unternehmen auch immer haben sollten – Marktforschung stellt eine unabdingbare Grundlage für strategische und taktisch-operative Entscheidungen dar. Sie liefert datengestützte Erkenntnisse, die Unternehmen bei der Entscheidungsfindung unterstützen, um sich nachhaltig erfolgreich unter Berücksichtigung sich ständig ändernder Umwelt- und Marktbedingungen behaupten zu können.

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Erfahren Sie, wie Daten über Märkte und auch Marktteilnehmer professionell erhoben und analysiert werden. Entlang sämtlicher Phasen einer Marktforschungsstudie – vom Untersuchungsziel bis zur Ergebnispräsentation – werden im Workbook Marktforschung die einschlägigen Grundlagen, Konzepte und Methoden der Marktforschung anwendungsnah vermittelt. Dabei wird der Fokus auf die Datenerhebung gelegt. Zahlreiche Beispiele und Leitfäden sowie Tabellen und Checklisten mit Handlungsempfehlungen erleichtern die Umsetzung Ihrer eigenen Marktforschung.

Guido Grunwald und Jürgen Schwill

Prof. Dr. Guido Grunwald lehrt Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing und Marktforschung, am Institut für Duale Studiengänge der Fakultät Management, Kultur und Technik an der Hochschule Osnabrück – Campus Lingen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten des Käuferverhaltens und Beziehungsmarketings sowie insbesondere der Kommunikations- und Produktpolitik angesichts von Konsumrisiken und negativer Publizität. Neben der Lehre und der Forschung führt er Beratungen und Schulungen in der Unternehmenspraxis durch.

Prof. Dr. Jürgen Schwill lehrt Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationales Management und Marketing, an der Technischen Hochschule Brandenburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen vor allem in den Bereichen internes und externes Beziehungsmarketing, Kundenzufriedenheits- und Kundenbindungsmanagement, Mitarbeiterzufriedenheits- und Mitarbeiterbindungsmanagement. Neben der Lehre und der Forschung widmet er sich der Unternehmensberatung sowie der Vortrags- und Seminartätigkeit im In- und Ausland.

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