Storytelling

Warum das Gehirn Geschichten liebt

Nackte Fakten verkaufen nicht. Damit Produkte und Dienstleistungen aus der Fülle des Angebots herausstechen, müssen Kunden begeistert werden. Das gelingt am besten anhand von Geschichten – Marketer nennen diese Disziplin Storytelling.

Hintergrund: Wenn wir uns etwas merken, erinnern wir uns selten nur an Fakten. Vielmehr verknüpfen wir Geschichten mit Emotionen, weshalb Botschaften stärker und nachhaltiger wirken. Ein Paradebeispiel für eine Story vollgepackt mit Emotionen ist ein Werbespot, in dem ein kleiner Junge sich so seine Gedanken über das anstrengende Leben seiner Mutter als Mutter macht. Am Ende des sowieso schon emotionsgeladenen Spots folgt eine noch emotionalere Liebeserklärung an die Mama. Das Produkt, für das Beiersdorf wirbt, scheint dabei nebensächlich. Es wird weder gezeigt, noch erwähnt. Nur am Ende wird der Markenname eingeblendet. Auf weitere Erklärungen oder Produktinformationen hat das Unternehmen verzichtet – weil sie überflüssig sind.

 

Worum geht’s beim Storytelling?

Es geht nicht um die plumpe Vermittlung von Informationen à la „kaufen Sie diese Creme, damit Sie trotz Ihres stressigen Mutterdaseins keine Falten bekommen werden“, wie der Nivea-Spot zeigt, sondern um die Story. Dadurch werden Emotionen geweckt, die Identifikation mit der Geschichte fällt leicht und die Botschaft bleibt langfristig hängen. Diese Vorteile haben aus der Methode einen festen Bestandteil in der Marketing-Strategie von Unternehmen gemacht– ob in Form von Content Marketing, als Teil der Unternehmenskommunikation oder mittels Social Media bei Facebook & Co.

Dabei muss nicht unbedingt eine abgeschlossene Geschichte erzählt werden, viel wichtiger ist die Verbindung der einzelnen Inhalte im Kopf des Konsumenten. Storytelling ist dann am effektivsten, wenn es schafft, persönliche Assoziationen auszulösen und dadurch eine emotionale Bindung zwischen Produkt und Kunde entsteht.

Storytelling erklärt in 120 Sekunden:

 

Das Gehirn liebt Geschichten

Aber warum genau hören Menschen so gerne Geschichten? Die Antwort darauf gibt die Psychologie. Psychologen unterscheiden zwischen zwei Arten von Gedächtnis:

  • ‍ein analytisches Gedächtnis, das für das Planen und Argumentieren zuständig ist, sowie
  • ‍ein biografisches Gedächtnis, das auch narratives Gedächtnis genannt wird und das unsere Erlebnisse zu einer Geschichte zusammenfügt und emotional einordnet

Während sich unser analytisches Gehirn damit befasst, unsere sogenannten intuitiven Entscheidungen in Nachhinein zu begründen und zu rechtfertigen, schaltet sich das narrative Gedächtnis immer dann ein, wenn eine Entscheidung ansteht. Das analytische Gedächtnis übernimmt bildlich gesprochen den „ganzen Papierkram“ und liefert eine auf Zahlen, Fakten, Daten und Nutzen basierte Rechtfertigung unserer Bauch- oder Erfahrungsentscheidung. Das biografische Gedächtnis sorgt dafür, dass wir Situationen als bedrohlich oder sicher empfinden, als stressig, langweilig, angenehm oder irritierend. Die dort gespeicherten Erzählmuster bestimmen die Wahrnehmung unserer Realität.

Beschreiben statt Belehren, Erzählen statt Erklären

Worauf es bei einer guten Geschichte ankommt

Klar, die Geschichte muss zur Zielgruppe passen, ihr Leben wiederspiegeln, damit sie sich darin erkennt. Darüber hinaus gibt es aber auch Handlungsmuster die als universell gelten, wie beispielsweise „die Reise des Helden“ oder „der Kampf zwischen Gut und Böse“. Diese Erzählstränge sind nicht nur universell, sondern auch zeitlos. Deshalb gilt als wichtigste Regel: Oder, wie Wilhelm Busch es einmal ausgedrückt hat: „Was beliebt, ist auch erlaubt“.

Werner T. Fuchs, Autor des Standardwerks „Warum das Gehirn Geschichten liebt" formuliert es so:

»Beschreiben statt Belehren« und »Erzählen statt Erklären« lauten die Formeln, nach denen Storyteller Werte und wichtige Botschaften vermitteln. – Werner T. Fuchs, Marketing- und Werbeexperte

Hier dennoch einige konkrete Regeln, an denen sich Marketer beim Geschichtenerzählen orientieren können:

  • Dinge zeigen statt erzählen. Geschichten funktionieren, wenn Bilder im Kopf entstehen, die wiederum von Assoziationen ausgelöst werden. Storytelling arbeitet deshalb gerne mit Vergleichen.
  • ‍Damit Storytelling im Marketing funktioniert, muss die Zielgruppe berücksichtigt werden: Welche Probleme hat sie? In welchen typischen Situationen findet sie sich regelmäßig wieder?
  • ‍Geschichten dürfen nicht zu lang sein; kurze und prägnante Storys fesseln und werden deshalb bis zum Ende verfolgt.
  • Jede Kampagne braucht eine Dramaturgie inklusive Spannungsbogen (Höhen und Tiefen) sowie eine roten Faden.

Ein Erfolgsfaktor ist unbestritten, im Kino ebenso wie in der Werbung: Ein Happy End kommt besser an als ein schwermütiges Finale.

Tipp

Als Aufhänger eignen sich Storys, die jeder Mensch selbst erlebt hat, wie berühmt-berüchtigte „erste Male“:

  • ‍Erste Lernschritte: Laufen, Schnürsenkelbinden oder Radfahren 
  • ‍Erste Liebe: Erster Kuss, erste Liebeserklärung oder der erste Liebeskummer
  • ‍Coming of Age: erster Urlaub ohne Eltern oder die erste eigene Wohnung
  • ‍Erste Erfolge: im Sport oder im Job

pder Wünsche, die sich beinahe jeder einmal erfüllen will:

  • ‍Beachtet und geliebt werden
  • ‍Den Traum einer Familie leben
  • ‍Ewige Jugend und Unsterblichkeit
  • ‍Ohne Aufwand reich werden
  • Grenzenlose Freiheit zu tun, was man will

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